Aromastoffe

Aromastoffe in Lebensmitteln sind nicht transparent

Vielfalt der Aromastoffe. Bild erstellt mit KI (DALL·E) – Quelle: OpenAI

Aromastoffe stecken in unzähligen Lebensmitteln – von Joghurt über Softdrinks bis hin zu Fertiggerichten. Doch wie viel wissen wir eigentlich darüber, was genau hinter den Begriffen „natürliches Aroma“ oder „künstliches Aroma“ steckt? Die Kennzeichnung ist oft undurchsichtig, und viele Verbraucher*innen haben keine Ahnung, woher die zugesetzten Geschmacksstoffe wirklich kommen.

In diesem Artikel schaue ich mir genauer an, wie Aromastoffe deklariert werden, warum die Angaben oft schwammig sind und was das für uns als Konsument*innen bedeutet.


Im letzten Beitrag ging es um Perubalsam und meine Recherchen haben mich anschließend direkt weiter geführt zum Thema Aromastoffe. Ich möchte Perubalsam in Lebensmitteln in Zukunft meiden und bin bei der Lektüre von Etiketten und Zutatenlisten auf ein großes Problem gestoßen: Da steht einfach oft nur „Aroma“ oder „natürliches Aroma“. Hm, das ist ziemlich undurchsichtig und hilft mir leider nicht wirklich weiter. Gibt es da nicht irgendwie mehr Infos?

Ja gibt es: In der europäischen Aromenverodnung: Verordnung (EG) Nr. 1334/2008 und deren weiterführenden Durchführungsverordnungsdokumente und Anhänge im Bürokratie-Jungle. So sind in der EU 18 verschiedene künstliche Aromastoffe erlaubt. Sie sind von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) geprüft und gelten als sicher. Eingesetzt werden sie vor allem in Süßwaren, Backwaren, Getränken und Fertigprodukten. Das sind aber nur die künstlichen Aromastoffe. Es gibt ca. 2500 (Stand 2015) natürliche Aromastoffe und als ich die Definition gelesen habe, hab ich mich schon irgendwie ziemlich veräppelt gefühlt:

  • Natürliche Aromen: Werden aus natürlichen Quellen (z. B. Pflanzen, Tieren) gewonnen und durch physikalische, enzymatische oder mikrobiologische Verfahren extrahiert.
  • Künstliche (synthetische) Aromen: Werden chemisch hergestellt und kommen in der Natur oft nicht vor (z. B. Ethylvanillin statt natürlicher Vanille).

Also ich weiß nicht… wenn diese Aromastoffe in Bakterien durch gentechnisch manipulierten Enzyme im Labor hergestellt werden, ist das für mich nicht wirklich „natürlich“. Soll das hier den Verbrauchern irgendwie Sicherheit vermitteln oder gab es keine bessere Bezeichnung? Wie wäre es z.B. mit „Biotechnologisch hergestellte Aromen“, „Natur inspirierte Aromen“ oder einfach „Modifizierte Aromen“? Das würde vermutlich keiner mehr kaufen und deswegen heißt es einfach nur „Aroma“ oder „natürliches Aroma“ oder „mit Geschmack“ auf den Verpackungen.

Weitere Recherchen auf dieser Seite des Aromaverbandes bringen ans Licht, dass diese Bezeichnungen die Kunden tatsächlich vor Verwirrung schützen soll. „Wieso steht auf meinem Aroma-Mineralwasser mit Johannesbeergeschmack, das nach Johannesbeeren schmeckt und Johannesbeeren auf dem Etikett hat, keine Johannesbeere in der Zutatenliste sondern Buccoblätterextrakt?“ Das kann schon mal eine Kaufentscheidung verändern und zu bösen Anrufen beim Kundenservice führen. Dann doch lieber „natürliches Aroma“.

Um etwas Klarheit in die Sache zu bringen, so lautet die Kennzeichnungspflicht laut EU-Lebensmittelrecht (VO (EG) Nr. 1334/2008):

„Natürliches Aroma“
➡ Darf nur verwendet werden, wenn das Aroma komplett aus natürlichen Rohstoffen stammt. Beispiel:
„Natürliches Erdbeeraroma“ → Das Aroma stammt zu mindestens 95 % aus Erdbeeren.
„Natürliches Aroma“ → Herkunft nicht spezifiziert, es kann aus verschiedenen Quellen stammen.

„Aroma“
➡ Wenn es sich um ein künstliches oder synthetisches Aroma handelt, reicht die allgemeine Bezeichnung „Aroma“ auf der Verpackung. Beispiel:
„Erdbeeraroma“ → Kann natürliche oder künstliche Aromastoffe enthalten.

„Künstliches Aroma“ oder „Aroma mit Vanillingeschmack“
➡ Falls das Aroma nur chemisch hergestellt wurde, muss es als solches erkennbar sein. Beispiel:
„Mit Vanillingeschmack“ → Enthält z. B. synthetisches Ethylvanillin, aber keine echte Vanille.

Also wichtigste Take-Home-Message für heute: nur wenn „Natürliches xy-Aroma“ drauf steht, kann man sicher gehen, dass überhaupt ein bestimmtes xy-Lebensmittel zu großen Teilen in einem Produkt vorkommt. Das ganze ist doch ein totaler Nepp, mehr fällt mir dazu nicht ein.

Wie kann man jetzt die Bestandsteile von Perubalsam (wie z.B. Zitronen- und Orangenaroma) meiden, wenn man gar nicht genau weiß, was überhaupt in den ganzen Lebensmitteln drin steckt? Genau…in dem man auf alles verzichten, in dem überhaupt das Wort „Aroma“ vorkommt.

Viele aromafreie Grüße,

Juliane

Quellen:
https://www.oekotest.de/essen-trinken/Aromen-und-Aromastoffe-Viel-Geschmack-fuer-viel-Chemie_95710_1.html
https://aromenverband.de/informationenleitlinien/kennzeichnung-natuerliches-aroma/
https://www.bfr.bund.de/de/aromastoffe_und_aromen-54440.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Verordnung_(EG)_Nr._1334/2008
https://eur-lex.europa.eu/eli/reg_impl/2012/872/oj

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Perubalsam ist ein starkes Allergen

Reiner Perubalsam. Bild von Maša Sinreih in Valentina Vivod – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0,

Perubalsam – Wundermittel oder versteckte Gefahr? Ich war überrascht, wie oft dieses Stoffgemisch in Kosmetik, Medikamenten und sogar Lebensmitteln steckt. Einerseits wird er für seine heilenden Eigenschaften gefeiert, andererseits kann er heftige allergische Reaktionen auslösen. Ist Perubalsam vielleicht der Auslöser für mein Ekzem? Lasst uns einen genaueren Blick darauf werfen!

Achtung aufgepasst, heute wird es spannend! Nach meinem letzten Beitrag habe ich nach Perubalsam recherchiert und bin auf einige sehr interessante Informationen gestoßen. Könnte diese Stoffmischung des Rätsels Lösung sein? Ich versuche alle wichtigsten Erkenntnisse kompakt in diesen Beitrag zu packen.

Was in dem Beitrag von Herrn Dr. Mayser (siehe letzter Blogbeitrag) so ganz nebenbei in Klammern aufgeführt wird, hat meiner Meinung nach einen viel größeren Einfluss auf Allergiker und Neurodermitis als man denkt und mich wundert es doch sehr, dass man bei Ärzten und im Internet so wenig darüber findet. Aber von Anfang an: Perubalsam ist eigentlich kein einzelner Stoff, sondern ein Harzbalsam, der sich aus ca. 250 verschiedenen Stoffen zusammensetzt. Darunter sind z. B. Benzylbenzoat, Benzoesäure, Zimtsäure und Vanillin. Gewonnen wird er aus der Rinde des Balsambaums (Myroxylon balsamum var. pereirae), der hauptsächlich in Mittelamerika (vor allem in El Salvador) wächst. Aufgrund seiner charakteristischen aromatischen Eigenschaften und seiner therapeutischen Wirkungen wird er schon lange in der Medizin, Parfümerie, Kosmetik und der Lebensmittelindustrie genutzt.

Das klingt ja erst mal nach einem richtigen Wundermittel. Blöderweise kann Perubalsam bei empfindlichen Menschen allergische Reaktionen auslösen, insbesondere bei topischer Anwendung. Und das ist nicht gerade selten: Perubalsam steht in mehreren Ländern auf dem dritten Platz der häufigsten Kontaktallergene!
Symptome sind Hautausschläge, Juckreiz, Rötungen und Blasenbildung. Kontaktdermatitis eben. Ähnlich wie bei Methylisothiozolinon ist daher die Verwendung von Perubalsam in kosmetischen Produkten in einigen Ländern reguliert. In der Europäischen Union muss Perubalsam gemäß der Kosmetikverordnung (Verordnung (EG) Nr. 1223/2009) auf der Liste der Inhaltsstoffe angegeben werden, wenn es in kosmetischen Produkten enthalten ist.

Okay, soweit scheint eine Allergie schnell zu identifizieren zu sein, da vorallem bei direktem Kontakt auf der Haut eine Reaktion auftritt. Nur mit diesen Informationen hätte ich meine Dyshidrosis auf keinen Fall mit Perubalsam in Verbindung gebracht, da ich an den Händen üblicherweise nur parfümfreie Seife und Handcremes verwende. ABER: Die Allergene können auch über die Nahrung aufgenommen werden und dann über den Stoffwechselprozess eine allergische Reaktion auslösen. Und in der Nahrung kommt Perubalsam bzw. seine Bestandteile ziemlich oft vor, denn sie sind ziemlich aromatisch und wohlschmeckend. Zimtsäure und Vanillin z.B.. Man kennts, oder?

Und hier kommt jetzt die Dyshidrosis in Spiel. Gefunden habe ich einen äußerst lesenswerten Artikel von Prof. Dr. B. M. Hausen aus dem Ärztejournal Aktuelle Dermatologie von 2001 mit dem Titel „Rauchen, Süßigkeiten, Perubalsam – ein Circulus vitiosus?. Nach dem Lesen sagte mir mein Bauchgefühl: Damit muss es zusammenhängen!

Laut dem Artikel befindet sich Perubalsam oder dessen Einzelsubstanzen z.B. in Aromen, Bitterorangen, Bonbons, Coca Cola®, Cocktails (mit Zitrone oder Limone), Eiscreme, Gewürzen, Grapefruit, Kaugummi, Konditorwaren, Kuchen, Magenbitter, Mandarinen, Marmeladen, Mundwasser, Orangen, süßen Säften, Süßigkeiten, Schokolade, parfümiertem Tabak, parfümierten Tees, Vanille, Wein, Zimt, und Zitronen.

Also quasi fast überall! Prof. Hausen wird im Artikel noch konkreter und stellt eine Patientin vor, die sich mit Handbläschen bei ihm in Behandlung begab. Die Bläschen plagten sie schon seit drei Jahren. Sie war 56 Jhre alt, Speditionskauffrau und hat viel Stress im Job. Sie raucht 60 Zigaretten pro Tag und gibt an außerdem größere Mengen von Süßigkeiten zu essen, z.B. Karamellbonbons, Frucht- und Weingummis, Schokolade und Nougatprodukte. Außerdem trinkt sie drei Liter Cola am Tag. Ein Epikutantest bringt das Ergebnis: Allergie auf Perubalsam und ein weiterer zeigt, dass die Dame ausschließlich auf das Hauptallergen des Perubalsams, das sogenannte Coniferylbenzoat reagiert. Dr. Hausen vermutet, dass dieser Inhaltsstoff mit Komponenten des Karamellanteils der oben genannten Süßigkeiten und Getränke identisch oder chemisch nah verwandt und eine direkte allergische Reaktion oder Kreuzreaktion auslöst. Und ganz wichtig: Zigaretten enthalten sehr viele Allergene des Perubalsams! Für Raucher gibt es glücklicherweise bestimmte Marken ohne diese Zusatzstoffe.

Die Frau verzichtet nach dieser Diagnose auf all diese Triggerstoffe und siehe da. Das dyshidrotische Ekzem verschwindet! Ich muss schlucken als ich den Artikel von Prof. Hausen lese….ich lutsche schon seit Wochen über mit Vorliebe die Karamellbonbons mit goldener Folie und esse saure Fruchtgummis. Oh Mann! Weil es für Stillende empfohlen wird, habe ich auch sehr viel Malzbier getrunken…darin ist es vermutlich auch enthalten. Ein alkoholfreies Radler (Zitronenaroma!) ist auch öfter mal dabei gewesen. Könnte es das tatsächlich sein?

Wie kriegt man raus ob man auch an einer Perubalsam-Allergie leidet? Ganz einfach: Termin beim Hausarzt für einen Epikutantest machen. Dabei wird eine kleine Menge Perubalsam auf die Haut aufgetragen und die Reaktion nach 48-72 Stunden beobachtet. Eine positive Reaktion bestätigt eine Kontaktallergie. Bei einem positiven Ergebnis lässt sich durch einen weiterführenden Test sogar auf einzelne Inhaltsstoffe testen. Aber Achtung: Dieser Test weißt nur nach, ob man auf den Stoff auf der Haut reagiert! Wenn man wissen will, ob man auf die Stoffe reagiert wenn man sie über Lebensmittel aufnimmt gibt es nur eine Möglichkeit: Ausprobieren und genau beobachten.

Ich werde jetzt wie folgt vorgehen und radikal Perubalsam meiden: Ich überprüfe alle medizinischen Produkte auf die Inhaltsstoffe „Peru balsam, Myroxylon pereirae, Myroxylon Pereirae Resin, Tolu balsam, Peruvian Balsam oder Balsam of Peru“ achten. Perubalsam kann sich in Antiseptika, Hämorrhoidenzäpfchen, Cremes und Salben zur Wundheilung und in Hustenmitteln befinden. Aufgrund eines süßen, vanilleähnlichen Geruchs auch in Kosmetik, Lotionen und Parfümen. Und natürlich in Form von Aromastoffen in Lebensmitteln. Da auf den Lebensmitteln nie die genauen Aromastoffe aufgelistet sind, sondern nur von „Aroma“ oder „natürliches Aroma“ die Rede ist, verzichte ich auf beides komplett. Perubalsam ist gilt nämlich als natürlicher Aromastoff. Das bedeutet für mich konkret: Keine Cola, kein Malzbier, keine aromatisierten Tees, keine Limonaden, keine Säfte, keine gekauften Marmeladen, keine Karamellbonbons, keine Schokolade, keine Lakritze, kein Eis oder Kuchen mit Vanillinaroma und nichts mit Zimtgeschmack. Wollen wir doch mal sehen was passiert. Ich bin guter Dinge 🙂

Viele Grüße

Juliane

P.S.: Wer selbst genauer recherchieren möchte hier ein paar interessante Links:

https://flexikon.doccheck.com/de/Perubalsam
https://www.drbresser.de/allergien-umwelt/kontaktallergie-kontaktekzem/perubalsam-tolubalsam/
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2001/daz-46-2001/uid-5009
https://www.baliza.de/blog/files/duftstoffallergie-perubalsam.html
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/15932578/
https://www.medicaljournals.se/acta/content/abstract/10.1080/00015550310016599


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